Restaurierungen
Rekonstruktionen
Einige Restaurierungsprojekte unserer
Werkstätten
Der Respekt vor den künstlerischen und handwerklichen Leistungen der alten Meister prägt unsere Arbeit bei Restaurierungen historischer Orgeln. Unsere Restaurierungsabteilung wird geleitet von einem Spezialistenteam um einen Orgelbaumeister mit Zusatzqualifikation „staatl. geprüfter Restaurator im Orgelbauhandwerk“
Klang der Orgel
Arbeitsprinzipien unserer Restaurierungsabteilung
Einige Rekonstruktionen unserer Werkstätten
Rekonstruktion ist das verbindende Element zwischen den beiden Gebieten „Orgelneubau“ und „Restaurierung“. Mit dem Nachbau historischer Instrumente und der wissenschaftlich fundierten Rekonstruktion nicht mehr erhaltender Orgeln, z.B. das Gotische Positiv nach dem Genter Altarbild von Jan van Eyck (1432), setzen wir Impulse, die sowohl die historische als auch die kreative Sicht im Orgelbau befruchten.
Erbauer: Gebr. Oberlinger, Rekonstruktion des ursprünglichen Zustandes eines ca. 1550 gebauten, im 18. Jahrhundert veränderten Originals in der Barfüßerkirche zu Basel
Baujahr: 1988
MANUAL, F/G/A-g“/a“
Regal 8′
Gedackt 4′
Principal 2′
Cymbel 1fach 1/2′ f 1′, a‘ 2′
Das Museum der Stadt Basel (Barfüßerkirche) beherbergt das Originalinstrument aus der Zeit um 1550, das im 18. Jahrhundert umgebaut wurde: Man entfernte das Zungenregister „Regal“ (s. Exponat 02 Regal) und vertiefte das Gehäuse, um darin ein weiteres Labialregister unterzubringen. Weil es aus denkmalpflegerischen Gründen nicht möglich ist, diesen historisch gewachsenen Zustand des Basler Originalinstrumentes durch Rückführung in den Urzustand zu zerstören, andererseits aber der Urzustand musikhistorisch von besonderem Interesse ist, wurde dieser von der Werkstatt Gebr. Oberlinger der Rekonstruktion zugrundegelegt. Das Tischpositiv eignet sich zur Interpretation von „Claviermusik“, d. h. Musik für beliebige Tasteninstrumente, aus der Zeit von der Renaissance bis zum Barock.
Erbauer: Gebr. Oberlinger, Rekonstruktion nach dem Genter Altarbild von Jan van Eyck, 1432
MANUAL, H-f“
Blockwerk 3-4fach 8′
Windablassventil
Der Name des Instruments ist vom lateinischen „positum“ = „hingestellt“ abgeleitet. Im Gegensatz zu größeren Orgeln sind Positive nicht fest im Raum installiert, sondern können nach Bedarf ohne großen Aufwand an verschiedenen Stellen aufgestellt werden. Das im Jahre 1432 von Jan van Eyck geschaffene Genter Altarbild wurde für die Rekonstruktion mit mehreren naturwissenschaftlichen Methoden untersucht, u. a. Thermofotografie. Hierbei zeigte sich, dass van Eyck ursprünglich eine andere Klaviatur vorgezeichnet hatte. Weil der Engel die Diskantseite der Klaviatur verdeckt, waren verschiedene Lösungsmöglichkeiten für den Klaviaturumfang möglich. Deshalb wurden mehrere Rekonstruktionen mit unterschiedlichen Klaviaturumfängen angefertigt. Als Vorbild für verschiedene Details im Inneren des Instrumentes, z. B. für die Form der Spielventile und die Bauart des Wellenbrettes, diente die gotische Orgel von Norrlanda (Insel Gotland, Schweden), die mit Ausnahme ihrer Pfeifen erhalten ist. Auf dem Genter Altarbild ist erkennbar, dass die Prospektpfeifen an beiden Seiten Längsnähte haben. Für die Rekonstruktion wurde dieses Kuriosum so interpretiert, dass die Schauseite der Prospektpfeifen aus einer hochprozentigen Zinnlegierung besteht, während die Rückseiten der Prospektpfeifen ebenso wie alle Innenpfeifen aus reinem Blei hergestellt sind. Das heute in Vergessenheit geratene, in der Gotik übliche Sandgussverfahren für Bleipfeifen wurde in der Pfeifenwerkstatt der Gebr. Oberlinger nach einer alten Beschreibung reaktiviert. Der Bau des Gotischen Positivs sowie der Exponate 02 Regal, 03 Renaissance-Tischpositiv und 04 Claviorganum war eine Forschungsarbeit, die unter der Leitung von Dipl.-Ing. Wolfgang Oberlinger stand. Wissenschaftliches Gremium: Prof. Dr. Reinhardt Menger, Dr. Hans Oskar Koch, Wilhelm Krumbach, Martin Sassmann
Erbauer: Gebr. Oberlinger, Kopie nach einem Instrument von Michael Klotz, ca. 1600, im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg
MANUAL, C/D/E/F/G/A-c“‘ (Kurze Oktave)
Regal 8′
Das Regal ist das kleinste Musikinstrument, das die drei Definitionskriterien des Aerophons „Orgel“ erfüllt, indem es die drei wesentlichen Orgel-Bestandteile enthält:
1. Pfeifen (eine Reihe aus extrem kurzbechrigen Zungenpfeifen)
2. Balg (zwei kleine manuell zu bedienende Keilbälge)
3. Klaviatur
In der Renaissance und im Frühbarock waren Regale sowohl in der sakralen als auch in der weltlichen Musikkultur weit verbreitet. Im 18. Jahrhundert geriet das Instrument in Vergessenheit, weil sein obertönig-schnarrender Klang nicht mehr der herrschenden Musikästhetik entsprach.
Kurze Oktave: Die Kurze Oktave war im Orgelbau des 16. und 17. Jahrhunderts in ganz Europa die Regel; in Italien und Österreich hielt sie sich bis ins 18. und sogar 19. Jahrhundert. Es handelt sich um eine besondere Anordnung der Tasten der tiefsten Oktave, in der man die vier Halbtöne Cis, Dis, Fis und Gis wegließ, weil sie in der damaligen Musik kaum verwendet wurden. Deshalb sparte man sich die Herstellung der entsprechenden, relativ großen Pfeifen. Obwohl das Kriterium der Einsparung bei Regalen und auch bei besaiteten Tasteninstrumenten kaum ins Gewicht fällt, wurde auch bei diesen die Kurze Oktave gebaut, denn die Spieler von Orgeln und Klavieren waren zu dieser Zeit dieselben. Eine unterschiedliche Ausprägung der Klaviaturen von Orgeln und anderen Tasteninstrumenten hätte eine Unbequemlichkeit für die Spieler bedeutet.
Erbauer: Gebr. Oberlinger (Orgelteil) und Martin Sassmann
(Cembaloteil), Kopie nach einem Original in schottischem Privatbesitz, 1745,
Orgelteil von John Snetzler, Cembaloteil von Jakob Kirkman
ORGELTEIL,
I. Manual, GG-g“‘ CEMBALOTEIL,
I. Manual, FF-g“‘, Principalflöte Disk. 8′, Gedackt 4′, Flöte 4′, Principal 2′, Mixtur 3fach 2′
II. Manual, FF-g“‘, Dogleg (*), SPIELHILFEN Laute, Appels für Principal 2′ und Mixtur, Schwelltritt (Orgel) KOPPELN, Transponiervorrichtung II-I, (ein Halbton) Orgel an I
(*) Das Dogleg („Hundebein“) im Cembaloteil
bewirkt einen trockenen Klang durch Anreißen der Saiten am äußersten Ende.
Das Claviorganum – auf deutsch „Orgelklavier“ – setzt
sich aus zwei Tasteninstrumenten mit völlig verschiedener Klangerzeugungnzusammen.
Im Orgelteil schwingen Luftsäulen in Pfeifen (Aerophon = Luftklinger), und im
Klavierteil werden Saiten angeschlagen oder -gerissen (Chordophon =
Saitenklinger). In der Musikgeschichte sind jahrhundertelang Claviorgana
unterschiedlichster Bauart belegt. Das Claviorganum gehörte jedoch nie zum
Standardinstrumentarium; zu allen Zeiten wurde es als Kuriosum bestaunt. Das
dieser Kopie als Vorlage dienende Original befindet sich für die Öffentlichkeit
unzugänglich im Privatbesitz eines schottischen Earls und vereinigt eine Orgel
mit einem Cembalo.